"Between Private and Public"

„Der öffentliche Raum ist das Reservoir, aus dem wir das Rohmaterial für unsere Arbeit schöpfen und dem wir es als Kunst zurückgeben. Hier beobachten wir und finden wir Strukturen: ortsspezifische, menschliche, gesellschaftliche. Beispielsweise das allmorgendliche Ausschwärmen der Münchner Müllautos und die Heimatverbundenheit ihrer größtenteils ausländischen Fahrer, die Arbeitslosigkeit in Gelsenkirchen und die Sehnsucht nach der Wiederherstellung der historischen Kirchturmspitze, die große Frage der Insassen in der JVA und ihrer Angehörigen: Was findet sich hinter dem Horizont?“

 Corbinian Böhm und Michael Gruber

 

Für das Künstlerduo Empfangshalle sind Kommunikation und Interaktion und Vernetzung zentrale Aspekte ihres gesamten Schaffens. Empfangshalle macht Kunst mitten in der Gesellschaft. Die Gesellschaft, bestehend aus verschiedensten Gruppen und unterschiedlichen Strukturen, ist das Medium ihrer Arbeiten. Genauer: Menschen, die durch gemeinsame Ideen, Umgebungen oder Tätigkeiten solche Gruppen formen, werden von Empfangshalle umfangen. Man dockt an das schon Geformte an und etwas Neues entsteht dabei; ein neuer Raum in der vorhandenen Struktur bildet sich – der Raum von Empfangshalle.

S-Bahnen und ihre Fahrgäste, Kunsthallen und ihre Besucher oder auch telefonierende Passanten in der Fußgängerzone können solche Strukturen sein. Die Eigenschaften der gewählten Orte und Situationen bestimmen die Art, wie man mit ihnen umgeht. Infrastrukturelle Eingriffe machen unsichtbare oder unbewußte Elemente der Strukturen sichtbar, indem sie diese wie durch einen Resonanzkörper verstärken und nach außen tragen. Die S-Bahn, aus der täglich Tausende die vorbeirauschende Umgebung betrachten, gibt das Publikum und den Rhythmus für irritierende, theatermäßig inszenierte Drei-Sekunden-Aktionen. Der Drei-Sekunden-Blick aus dem Fenster haftet sich an ein unerwartetes Ereignis; draußen Gesehenes vermischt sich mit dem, was in der Zeitung steht; Fakt und Fiktion werden von ihren festen Plätzen der Wahrnehmung gelöst. Und in der Kunsthalle, Ort für künstlerische Produktionen, halten offensichtliche Produkte, sehr nützliche Waren mit praktischen Verwendungszwecken, bei Verkaufsparties für Tupperware und Reinigungsmittel von Haka-Kunz ihren Einzug.

Auch Publikumspiraterie kommt beim Umfangen der Strukturen hinzu. Das Andocken ist durchaus auch ein Entern, oder Locken und Ködern. Das Publikum wird beispielsweise geködert durch Neugier, Sensationslust oder Spieltrieb, Eigenschaften der meisten von uns. Oft wird das Publikum ohne sein explizites Wissen in den mit der Arbeit entstehenden neuen Raum aufgenommen. Er ist von begrenzter Dauer; Zeit spielt eine ebenso große Rolle wie der Ort. Die Arbeiten sollen nicht als Dauereinrichtungen der Beliebigkeit weiterer Nutzungen ausgesetzt werden, sondern sind präzise, aber mit Momenten des Zufalls operierende Inszenierungen. Gesellschaftliche Dynamik und das Verhalten der einzelnen Menschen darin – die Äußerungen, Bewegungen, Tätigkeiten, werden kanalisiert und in den besagten neuen Raum umgeleitet. Die Künstler von Empfangshalle agieren dabei wie Hausmeister. Sie sorgen dafür, dass die Sache „läuft“, kümmern sich um die Infrastruktur. Und sie „machen sich ein Bild“. Der neue Raum wird dokumentiert und bleibt in Videoaufzeichnungen erinnerbar, während der Raum selbst nach der Dauer des Eingriffs wieder verschwindet.

 

Biographie

  • – geboren 1966, München1988
  • – bis 1990 Studium der Kunstgeschichte an der
    LMU München
  • – Ausbildung zum Holz- und Steinbildhauer
  • – Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste, München bei Hans Ladner, Anthony Gormley, Pia Stadtbäumer, Timm Ulrichs, Asta Gröting, Rita McBride.
  • – 2000 Meisterschüler, Diplom
  • – geboren 1965, Mallersdorf
  • – Ausbildung zum Holz- und Steinbildhauer‘
  • – Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste, München bei Hans Ladner, Anthony Gormley, Pia Stadtbäumer, Timm Ulrichs, Asta Gröting, Rita McBride.
  • – 1999 Meisterschüler, Diplom/td>

Beide leben in München und haben einen Lehrauftrag an der Akademie der Künste und der TU München. Sie engagieren sich seit langer Zeit aktiv beim Bundesverband Bildender Künste BBK.